Das war meine Design Week

Salone del Mobile und Fuorisalone in Mailand 2025

Von Nicole Knaupp

Mailand verwandelt sich jedes Jahr im April in einen vibrierenden Designkosmos – beste Gelegenheit, auf der größten Möbelmesse der Welt möglichst viele Neuheiten und Produktpräsentationen zu sehen und die Trends der Branche aufzuspüren. Hier mein ganz persönlicher Rückblick und Trendreport.

Für alle, die noch nicht auf der Design Week in Mailand waren: Die eigentliche Möbelmesse, der Salone del Mobile, findet auf dem Messegelände Rho Fiera statt, auf dem sich fast 2.000 Marken präsentieren.

Gleichzeitig eröffnet in der Mailänder Innenstadt der sogenannte Fuorisalone („außerhalb des Salons“) – in Flagship-Stores, temporären Showrooms, versteckten Hinterhöfen, alten Schwimmbädern oder privaten Apartments. Dieses Jahr wurden laut offiziellen Angaben allein hier 1.066 Events gezählt. Selbst Mailänder Palazzi werden geöffnet und in Showrooms verwandelt.

Zusammen entsteht die gigantische Mailänder Design Week.

Design Week 2025 in Mailand: Hundertausende Besucher auf der weltweit größten Möbelmesse

Kein Wunder, dass dieses Megaspektakel Hunderttausende anzieht. An manchen Tagen geht in den Gassen des Brera-Viertels oder der Zona Tortona fast nichts mehr. Menschenströme schieben sich durch die Straßen. Vor begehrten Locations bilden sich Schlangen, in denen Designfans schon mal ein bis zwei Stunden stehen, um Einlass zu erhalten.

Klar, das kann anstrengend sein. Und ja, manch einer stöhnt angesichts der vielen Salone-Touristen. Auf der anderen Seite: So viele Menschen, die eine gemeinsame Leidenschaft teilen – für Möbel, Design, Kreativität –, das schafft eine elektrisierende und positive Energie, die man kaum beschreiben kann. Bei mir wirkt sie noch Tage später nach.

Mein einziges Problem? Vier Tage in Mailand bedeuten über 20.000 Schritte täglich, brennende Füße am Abend – und trotzdem das Gefühl, nur einen Bruchteil gesehen zu haben.

Ein bisschen FOMO, klar. Aber rückblickend habe ich doch vieles entdeckt, das nachwirkt, mich inspiriert und auf viele neue Ideen bringt.

Hier eine Auswahl meiner Highlights des Salone del Mobile 2025

Edra im Palazzo Durini

Besonders spannend an der Design Week finde ich, dass sich Türen öffnen, die sonst verschlossen bleiben – wie die des Palazzo Durini Caproni di Taliedo, eines barocken Stadtpalasts in der Via Durini und ständiger Schauplatz der italienischen Designmarke Edra. In diesem Jahr standen dort Stoffe im Mittelpunkt.

Monica Mascheroni, Mitgründerin von Edra, präsentierte eine von Edelsteinen inspirierte Textilkollektion. Die neuen Stoffe ließen die an sich schon exzentrischen Edra-Sofas noch glamouröser und geheimnisvoller unter den Deckengemälden leuchten. Ein weiteres Highlight: Jacopo Fogginis „Rivers Chandelier Collection“, monumentale Lichtskulpturen aus Polycarbonat, die unter den Arkaden schwebten und den Innenhof in stimmungsvolles Licht tauchten.

Brera Design Apartment „Orizzonti“ – jeder Raum eine Welt für sich

Nicht nur die Türen prächtiger Palazzi öffnen sich zur Design Week: Wer die drei Stockwerke – ohne Lift – in der Via Palermo emporstieg, bekam nach vorheriger Anmeldung Einlass in das Brera Design Apartment. Dort zeigten Daniele Bortotto und Giorgia Zanellato ihr Projekt „Orizzonti“.

Das Besondere: Jeder der fünf Räume ist eine kleine Welt für sich, inspiriert von eindrucksvollen Orten und Reisen des Design-Duos. Das Esszimmer spielt mit Farben der venezianischen Lagune. Das Schlafzimmer erinnert mit warmen Braun- und Rottönen an die Wüste Namibias. Während das Badezimmer mit Mosaiken aus schwarzen Lava-Pigmenten verkleidet ist, eine Hommage an die italienische Vulkaninsel Stromboli.

Raumerzählungen, die mit Farben, Materialien und spannenden Oberflächentexturen entstehen. Eindrucksvoll inszeniert und doch ganz ohne Pathos.

Jil Sander x Thonet

Ich war immer schon eine Bewunderin von Jil Sander, liebe ihrer klare Designsprache und Konsequenz. Lange galt sie als eine der wenigen Modeschöpfer:innen, die sich vom Möbeldesign fernhielten. Bis jetzt. Denn für die deutsche Möbelfirma Thonet interpretierte die Queen of Less den legendären Bauhaus-Freischwinger von Marcel Breuer neu. Das Ergebnis der Signature-Kollektion JS. THONET: Der klassische Freischwinger wird nicht neu erfunden, aber sehr elegant und auch luxuriös weitergedacht, zum Beispiel mit edlen Lederbezügen. Man könnte sagen: Quiet Luxury at its best.

Superdesign Show

Bereits ihr 25-jähriges Jubiläum feierte die Superdesign Show im Superstudio Più – dieses Jahr unter dem Motto „Happiness“. Kuratiert von Gisella Borioli und Giulio Cappellini präsentierte die Ausstellung über 70 Designer:innen aus 10 Ländern, die das Thema Glück durch Design interpretierten. Besonderes Highlight: Ikonen von Alessi, Cassina und Poltrona Frau fanden in der Jubiläumsausstellung „Unforgettable“ ihre Bühne.

Mein ganz persönlicher Moment aber war das Projekt „Hope“ von Nikolaus Bagnara. Für das Natursteinunternehmen aus Südtirol hat das DRAW Studio das Thema „Happiness“ als emotionalen Parcours durch drei aufeinanderfolgende Räume inszeniert.

Jeder Raum war ein Sinnbild für einen Seelenzustand: Room of Shadow, Room of Hope und schließlich der Corridor of Bloom, ein farbenfroher, blühender Gang aus Naturstein und floralen Elementen. Ein poetisches und beglückendes Symbol für Aufbruch und Erneuerung.

Premiere in Mailand: Sieger by Fürstenberg

Als Christian und Michael Sieger vor zwei Jahrzehnten die Marke Sieger by Fürstenberg gründeten, wollten sie sich von allem abheben, was es damals auf dem Markt gab. Das ist ihnen mehr als gelungen. Man denke nur an die ikonischen Champagnerbecher: hauchzartes Porzellan, innen strahlend vergoldet, außen verziert mit Superhelden im knallbunten Comic-Stil.

Jetzt feiert die Porzellanmarke Sieger by Fürstenberg ihr 20-jähriges Jubiläum und stellte erstmals auf der Design Week in Mailand aus – in einem ehemaligen Schuhgeschäft in der Corso Garibaldi, das komplett in Pink erstrahlte. Die perfekte Kulisse für die hochwertige Kollektion mit neuen, limitierten Einzelstücken. Darunter Champagnerkühler aus Porzellan mit titanisierten, metallisch schimmernden Oberflächen, die je nach Lichteinfall in unterschiedlichen Farbnuancen leuchten. Kurz: 100 % Sieger by Fürstenberg, eben immer überraschend anders.

Walter Knoll: Neuer temporärer Showroom

Walter Knoll konnte man dieses Jahr in seinem neuen temporären Showroom in der quirligen Via Palermo erleben. Unter dem Titel „Threads of Creation“ inszenierte die Ippolito Fleitz Group für Walter Knoll einen zweigeschossigen Raum, der Design fühlbar und erlebbar machte: Textilinstallationen aus Fäden, Bändern und Seilen schufen eine visuelle und symbolische Verbindung zur Welt des Wohnens – mit ihren Möbeln, Vorhängen und Teppichen als elementare Bestandteile.

Im Mittelpunkt der Inszenierung: das neue Sofa „Molamisa“ mit geometrischen Formen, sanft gewölbten Flächen und flexibel anpassbaren Lehnen. Es fügte sich nicht nur harmonisch ins Raumkonzept ein, sondern lud mit seinen wunderbar weichen Kissen so manchen Besucher dazu ein, auch mal etwas länger sitzen zu bleiben.

Moooi

Moooi steht bei allem Designenthusiasten ganz oben auf der Must-See-Liste. Auf dem Salone selbst zeigte die 2001 von Marcel Wanders gegründete Designbrand neue Produkte, darunter den „Haybale Lounge Chair“ von Nicholas Baker, der gestapelte Heuballen in modulare Sitzmöbel übersetzt.

Das Event schlechthin aber war die Eröffnungsparty des neuen Flagship-Stores in der Via Filippo Turati 2. Lange Schlangen vor der Tür und drinnen kaum ein Durchkommen, aber eine ausgelassene und energiegeladene Stimmung und zwischendrin ein strahlender Marcel Wanders. Da gerieten die Möbel fast zu Nebendarstellern und nur, wer genau hinsah, entdeckte die fantastischen Skulpturen von Antoine Peters. Die überlebensgroßen „Space Garments“ wirkten wie Wesen aus einer anderen Design-Galaxie und traten in einen ebenso skurrilen wie stimmigen Dialog mit der fantasievollen Moooi-Welt.

Design-Week 2025:
8 spannende Trends aus Mailand

# 1: Siena Rot, die Salone-Farbe 2025

Eigentlich spielt es ja keine so große Rolle, aber irgendwie suchen gerade die Designjournalisten immer nach der einen Trendfarbe. Für mich war das ganz klar ein warmer, sehr dunkler Rotton. Ich nenne ihn Siena Rot. Das erdige Braunrot war in vielen Kollektionen und auch häufig an den Wänden der Showrooms zu entdecken. In Kombination mit sattem Dunkelgrün, Aquatönen oder mit einer Palette unterschiedlicher Rot und Orangetöne kam die Wohlfühlfarbe besonders gut zur Geltung.

Gesehen bei Gervasoni, Cassina und Arper

#2: Spiegel – zwischen Kunst und Design

Spiegel sind ein gutes Beispiel für den Trend zur Verschmelzung von Kunst und Funktion. Cassina zeigte im Flagship-Store in der Via Durini die neue Spiegelkollektion „Me from Outside“, entworfen vom italienischen Künstler Pietro Terzini und in limitierter Auflage von 100 Stück erhältlich. Die Kombination reflektierender Oberflächen mit typografischen Elementen lud in einem kleinen, abgetrennten Spiegelkabinett zur Interaktion, Reflexion und so manchem Instagram-Post ein.

#3: Asymmetrische Kurven und unsere Sehnsucht nach natürlichen Formen

Runde, organische Formen dominieren schon lange Sofas, Sessel und Tische. Jetzt ist ein weiterer Trend zu beobachten: die verstärkte Verwendung asymmetrischer Kurven. Diese organischen Formen spiegeln einmal mehr unser Bedürfnis nach Natürlichkeit und Individualität wider.

Bilder: Polsterkollektion „Aaland“ von Kartell, Couchtisch „Karl“ von Sebastian Herkner für Linteloo, Teppich „Tatacoas“ von Ames

#4: Nicht mehr unsichtbar: Farbiges Glas bei Beistelltischen

Glas tritt bei Beistell- und Couchtischen in den Vordergrund, ist nicht mehr unsichtbar und zurückhaltend, sondern bunt und selbstbewusst. Gesehen den Beistelltischen „Fluid Joinery“ von Cassina, „Pivot“ von Hermès und den „Ice Tables“ von Maxdesign aus mundgeblasenem Muranoglas.

#5: Kunstfell – so schön flauschig

Nach der Mode erobert Kunstfell jetzt auch das Interior Design. So präsentierte Moroso das Sofa „Me-Time“ in Flauschversion oder Dedar die Stoffe „Thank You For Sending Me An Angel“.

#6: Bett-Happening für mehr Spaß und Entspannung

Betten entwickeln sich wie einst das klassische Sofa immer mehr zu Loungelandschaften. Paradebeispiel ist die gemütliche Insel „Mo-Nid“, die Patricia Urquiola für Cassina entwarf. Auf die Spitze trieb es Marimekko: Die New Yorker Konzeptkünstlerin Laila Gohar gestaltete für die finnische Designmarke unter dem Motto „All the Things We Do in Bed“ ein XXL-Bett, auf dem die Messebesucher relaxen, schlafen, lesen und sogar essen und trinken durften.

#7: KI im Möbeldesign

Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz ist längst im Möbeldesign angekommen. Hersteller und Designstudios präsentierten auf der Design Week innovative Konzepte. Ein prominentes Beispiel: Kartell mit dem neuen Stuhl „A.I. Lite“ von Philippe Starck. Eine Weiterentwicklung von Starcks erstem KI-generierten Stuhl, diesmal ohne Armlehnen. Hergestellt aus recyceltem Thermoplast.

#8: Kleine Sensation: Occhio in Farbe

Es müssen nicht immer neue Produkte sein: Occhio zeigte seine ikonischen Leuchten in der malerischen Kulisse der Villa Necchi Campiglio erstmals in Farbe. „Colors by Occhio“ – das sind 18 Farbtöne, von samtigem Nachtblau bis hin zu zartem Rosé, von kühlem Jade bis zu sattem Violett. Eine beeindruckend kuratierte Farbpalette, die Interior-Profis Lust macht, Räume noch pointierter zu gestalten.

Zahlreiche weitere Leuchten und Lichttrends gab es auf der Euroluce 2025 zu entdecken. Die Highlights finden Sie hier.

Fotos: Nicole Knaupp, Hersteller, Chris Barbalis/ unsplash(1), getty images (1)

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