



Spot on:
Euroluce 2025:
Highlights und Trends
Von Nicole Knaupp
Glühbirnen mit Kopfhörern, asymmetrische Kronleuchter und Glasinstallationen, die durch Räume tanzen: Alle zwei Jahre öffnet die Euroluce im Rahmen des Salone del Mobile ihre Tore – und zeigt, was Licht heute alles kann. Fünf Highlights mit poetischer Strahlkraft, die noch lange nachleuchtet.
# Ingo Maurer:
Ganz im Sinne des Meisters
2019 verlor die Designwelt einen Visionär: Ingo Maurer verstarb im Alter von 87 Jahren. Seit zwei Jahren führt Foscarini das von ihm gegründete Unternehmen als Mehrheitseigner fort. Auf der Euroluce stellte das Team neue Entwürfe vor. Ich denke, Ingo Maurer hätten sie gefallen:
So etwa „Jasna Kuchnia“: Eine Wandleuchte, die entfernt an die ikonische „Porca Miseria!“ erinnert, doch statt zersprungenem Porzellan kommen hier schlichte, weiße Teller zum Einsatz. Sie sind übereinandergestapelt wie in einem Tellerhalter und werden sanft von LEDs beleuchtet. Raffiniert: Auf dem vordersten Teller ist ein Streichholz zu sehen, das beim Einschalten kurz aufzuflammen scheint – nur eine Illusion, die den spielerischen Charakter der Leuchte unterstreicht.
Ebenso charmant: „Shhh!“ inszeniert eine Glühbirne, die zwischen den Muscheln eines Kopfhörers steckt. Das Licht geschützt, beinahe belauscht? Eine stille, rätselhafte Geste, die jeder für sich interpretieren kann.
Oder „Nalum“ – die schwebende Hängeleuchte aus Glas, die mit den Lichtreflexen und der wellenförmigen Bewegung von Wasser spielt. In Mitten der Wellen verstecken sich zwei Miniaturfiguren: ein Surfer und eine Surferin. Ein Detail, das erst auf den zweiten Blick sichtbar wird. Poetisch und überraschend, bestimmt ganz im Sinne Ingo Maurers.
(Fotos: Ingo Maurer, 2)
# Catellani & Smith:
Handwerkskunst in neuer Balance
Fein gearbeitetes Messing trifft auf mundgeblasenes Glas. Dazwischen leuchten moderne LED-Filamente, so warm wie früher die klassische Glühbirne, nur eben viel energieeffizienter.
Die Leuchtenserie „Pòta!“ – benannt nach einem erstaunten „Wow!“ im lombardischen Dialekt – verbindet traditionelle Handarbeit mit modernster Lichttechnik. Entstanden ist die Serie nach einem langen Entwicklungsprozess im Haus Catellani & Smith.
Besonders eindrucksvoll sind die kugelförmigen Pendelleuchten der Serie: filigran, schwebend, fast schwerelos. Sie reichen, wenn gewünscht, von der Decke bis auf den Boden. Ein Gegengewicht aus Messing, geformt wie ein Amboss, hält die Konstruktion in Balance.
„Pòta!“ ist für mich ein spannendes Beispiel dafür, wie sehr moderne LED-Technologie das Lichtdesign in den letzten Jahren verändert hat: Ihre geringe Größe, minimale Wärmeentwicklung und flexible Einsetzbarkeit ermöglichen Formen und Konstruktionen, die früher nicht denkbar waren.
# Foscarini:
Der Kronleuchter im Jahr 2025
Foscarini zeigte ebenfalls auf der Euroluce, wie klassische Formen durch moderne Technik neugedacht werden. Im Fokus: der Kronleuchter in spannenden Neuinterpretationen.
„Allumette“, entworfen von Francesca Lanzavecchia, bricht zum Beispiel mit der strengen Formensprache. Die Leuchte folgt zwar dem Prinzip des zentralen Körpers mit ausgreifenden Armen, löst sich jedoch von der gewohnten Symmetrie. Die Arme sind unterschiedlich lang und frei angeordnet, was für eine leichte, spielerische und neue Note sorgt.
„Asteria“ von Alberto und Francesco Meda kommt technischer daher. Aluminiumarme fächern sich um ein zentrales Element, das Licht strahlt präzise, ohne dekorativen Überschuss. Aber auch dieser Entwurf zeigt, wenn Technik Freiraum schafft, können jahrhundertealte Formen plötzlich überraschend anders wirken.
(Fotos: Foscarini, Guido Stazzioni)
# Sans Souci:
Wie Nanotechnologie Glas zum Leuchten bringt
Sans Souci sehen und staunen: Die tschechische Manufaktur lässt Licht zu scheinbar schwerelosen Raumskulpturen werden. Messebesucher blieben stehen, fotografierten -noch zahlreicher als an vielen anderen Ständen – und tauchten ein in diese ungewöhnliche und fantasievolle Welt aus Glas und Licht.
Zugegeben, ins eigene Wohnzimmer passen die extravaganten Lüster nicht unbedingt. Und mit dem persönlichen Geschmack haben sie vielleicht auch nicht so viel zu tun. Aber die handwerkliche Tradition und Raffinesse ist so faszinierend, dass man einfach genauer hinschauen muss.
Denn Sans Souci verbindet traditionelles böhmisches Handwerk mit moderner Technologie – und zwar so, dass dabei wirklich Neues entsteht. Wie bei der Leuchte „Brush“, die auf der Euroluce 2025 zum ersten Mal gezeigt wurde.
Der Name ist Programm: Die Formen und Strukturen erinnern an Pinselstriche – locker, schwungvoll und als wären sie in Bewegung oder tanzten durch den Raum. Dabei fangen die gebogenen Glaselemente in kräftigem Blau das Licht ein und lassen es leuchten.
Möglich macht das eine hauchdünne Nanobeschichtung. Sie sorgt nicht nur für mehr Tiefe und Farbe, sondern schützt das Glas auch vor Kratzern und Korrosion. Technik und Kunst – hier in einer besonders beglückenden Allianz vereint.
(Fotos: Sans Souci, 2)
# Ames:
Kultur in Licht übersetzt
Im Gegensatz zu den vielen technisch inszenierten Leuchten der Euroluce wirkte die neue „Tupies“-Stehleuchte, die Ames auf dem Salone del Mobile vorstellte, wie ein Gegenentwurf: handgemacht, natürlich und scheinbar vollkommen unberührt von den Trends um sie herum.
Dabei stammt sie von Sebastian Herkner, einer der renommiertesten Designer unserer Zeit. Er gestaltet für Labels wie Dedon, Thonet, Moroso und viele mehr. Seit Jahren arbeitet er auch eng mit Ames zusammen.
Das Unternehmen wurde 2006 von Ana Maria Calderón-Kayser gegründet, gemeinsam mit ihrem Mann. Geboren in Kolumbien, lebt sie heute in Deutschland – die Produktion von Ames aber ist eng mit ihrer Heimat verbunden. Gefertigt wird vor Ort, in Partnerschaft mit kleinen kolumbianischen Manufakturen, die traditionelles Handwerk pflegen und mit Ames häufig sogar neu beleben und weiterentwickeln.
So auch bei „Tupies“. Gefertigt werden die Leuchten in Curití, einer Weberstadt im Norden Kolumbiens. Dort verarbeiten Handwerker die Fique-Fasern – eine robuste Naturfaser aus der Agavenpflanze, die tief verwurzelt in der kolumbianischen Kultur verwurzelt ist.
Diese Fasern flechten sie zu Makramé-Zöpfen, aus denen ein Fransenrock entsteht, der die Leuchte wie ein schwingendes Kleid umhüllt. Gekrönt wird das Ganze von einem mundgeblasenen Glaskopf. So entsteht ein fröhliches Centerpiece – handgemacht und mit ganz eigenem Charakter.
(Fotos: Ames, 2)
Wer tiefer eintauchen möchte: Mehr Eindrücke vom Salone del Mobile und dem Fuorisalone 2025 gibt es hier.